25. August 2013

Kill Your Dreams



I used to be a little boy
So old in my shoes
And what i choose is my choice
What's a boy supposed to do?
The killer in me is the killer in you
My love
I send this smile over to you



- The Smashing Pumpkins



This is a story of boy meets girl, but you should know upfront, this is not a love story“. Auf meinem MacBook lief 500 Days Of Summer und ich lag daneben und machte Sit-Ups. Liebesfilme und Bodengymnastik. Dass ich nicht einfach schwul geworden bin, beweist eigentlich nur, wie zynisch Gott sein kann. Ich hatte den seltsamen Traum von meiner Exfreundin gerade verdaut, als sie sich bei mir meldete (i know!). Sie piepste via Skype mitten in meinen Liebesfilm während ich auf meiner Yoga-Matte von LIDL versuchte meinem Bier-Ring zu trotzen. Es war Freitag vor fünf Wochen und meine Exfreundin erwischte mich mal wieder in einem meiner schwächsten Momente. Emotional aufgekratzt durch englische Pop-Musik und das Lächeln von Zooey Deschanel, verschwitzt und aus der Puste durch zwei Dinge, die ich gleichviel hasse, Sport und Sommer, und im bitteren Angesicht der körperlichen Folgen des Alterns und des Alkohols, hatte ich eigentlich schon verloren, als ich ihren Namen über der Nachricht las.

Sie sei in der Stadt um ein paar Freunde zu besuchen, schrieb sie mir, und ob wir uns nicht zum Brunch oder auf einen Kaffee treffen wollen. Eigentlich funktionierten alle meine Alarmleuchten wie immer, nur dieses Mal waren zu viele schwächende Elemente im Spiel. Zu den oben genannten Umständen kam noch dieser irre Traum und dazu schlängelte sich eine Mischung aus Neugier und irrationaler Hoffnung auf vertrauten Ex-Sex, staubige Gefühle oder einfach nur Hormone in mein geschwächtes Hirn. Ich tat also worin ich ohnehin gut bin. Ich redete mir etwas ein. In diesem Fall redete ich mir ein, es wären nun fünf Jahre vergangen, und ich sei ja wohl ein so reifer und erwachsener Mensch, dass ich mich ganz zivilisiert mit meiner Exfreundin zusammensetzen und über Gott und die Welt plaudern könnte. Wie kann man sich nur so selbst verarschen...

Wenn ich Fehler mache, neige ich dazu meist gleich mehrere zu machen. Daher verabredete ich mich nicht nur mit meiner Ex-Freundin, sondern ich lud sie auch direkt zum ABENDESSEN und ZU MIR ein. Den Tag verbrachte ich natürlich völlig unaufgeregt und alphamäßig mit Duschen, Rasieren, Wohnung-Aufräumen, Bett-Beziehen, nochmal Duschen und Auf-Und-Ab-Laufen. Als ich so durch meine Wohnung tigerte und darauf wartete, dass es klingelt wurde mir dann doch kurz bewusst, worauf ich mich da eingelassen hatte. Seit meine Ex vor fünf Jahren das letzte mal hier war, seit wir uns überhaupt das letzte mal gegenüberstanden, hatte ich kein einziges Möbelstück umgestellt. Nichts hatte sich verändert, nicht in meiner Wohnung und nicht in meinem Leben. „Das gibt kein besonders aufregendes Bild von mir ab“ dachte ich. Ich verfiel in leichte Panik und war bereits am Überlegen, wo ich das Sofa hinschieben könnte, als es an der Tür klingelte. Zu spät. Durchatmen.



Losing The Breakup


Wer dumm sein will muss leiden. Und so nahm das Drama natürlich seinen Lauf. Sie kam mit einem breiten Grinsen, einem kurzen Pagenkopf und einem roten Kleid (Jesus Christus!) vor meiner Wohnungstür an. Wir drückten uns (Sie ist dünner geworden) und sie lies sich auf mein Sofa fallen. Nachdem sie sich von meinem Treppenhaus erholt hatte, gingen wir in die Küche. Ich begann Tomaten zu schneiden und sie begann damit mir die Hose auszuziehen. Leider nur im sprichwörtlichen Sinne.

Mit der ersten Breitseite hatte ich ja insgeheim eigentlich schon gerechnet.


Erster Satz – Aufschlag Ex

Ex: „Darf ich mir mal die Wohnung ansehen“

I: „Ja klar“ (Oh Scheiße)

Sie kam in die Küche zurück.

Ex: „Krass. Ich fühl mich wie in einer Zeitkapsel. Da hat sich ja fast gar nichts verändert“

I: „Hehe. Ja. Verrückt, oder? Kommt einem auch gar nicht wie fünf Jahre vor... Wie die Zeit vergeht...“ (Ich brauche Alkohol!)

I: „Willst du ein Bier?“

Ex: „Oh, ja“ (Puh. Glück gehabt. Anscheinend ist es für sie auch unangenehm...)

Ich machte jedem von uns ein Bier auf. Tiefer Schluck. Das tut gut. Schnell irgendwas fragen und total entspannt und unaufgeregt wirken...

I: „Und bei dir so? Schöne Wohnung?“

Ex: „Ja. Total! Ich wohne mit meinem Freund in einer echt großen, schönen Wohnung. Fühl mich da zum ersten Mal so richtig zuhause!“ (Gut gemacht. Großartiges Thema. Ganz tolle Aktion, Mr. Soziale-Dynamiken-Und-Clevere-Gesprächsführung!)

Ich tat so als würde ich mich nur halb konzentrieren und rührte im Salat.

Ex: „Vorher war das nie so. Ich fühl mich viel wohler als bei meinem Ex“ (Ich zucke zusammen. Ach ne, das bin ja nicht ich! Die Frau hatte ja schon zwei Beziehungen während ich nur eine Therapeutin hatte...) „Bei dem war mir das irgendwie zu eng. Das konnte ja nicht klappen.“

Ich nickte, so als hätte ich total Verständnis oder auch nur den geringsten, blassen Dunst davon, wie es ist mit jemandem zusammen zu wohnen.
Ex 01 : Elia 00


Dann holte ich Teller. Wir aßen und ich musste feststellen, dass ich während des ersten Ballwechsels wohl irgendwie die doppelte Menge Ziegenkäse in den Salat geschnippelt hatte. Wir saßen also beide schweigend vor unserem Käsematsch mit Joghurtsoße und stocherten einige Minuten unsicher darin herum. „Kann ja fast nur besser werden“ dachte ich mir, nahm einen kräftigen Schluck Bier, dribbelte zwei mal und warf den Ball in die Luft.


Aufschlag Elia

I: „Ich hab gehört du hast angefangen zu studieren, als du aus Berlin weggezogen bist. Wird das so eine Endlos-Geschichte wie deine Ausbildung, oder wird das diesmal was?“

Ex: „Ne ich bin doch inzwischen schon fertig mit dem Studium“ (Scheiße. Netz. Nochmal...)

I: „Und willst du in dem Bereich jetzt auch arbeiten? Oder kann man damit eigentlich nix anfangen?“

Ex: „Doch, doch, ich hab inzwischen da auch nen ganz guten Job und bewerbe mich gerade um die Leitung. Und du?“ (Verdammt!)

I: „Ich äh-...Naja bei mir ist momentan ja bisschen die Luft raus, was meinen Job angeht. Es läuft zwar ganz gut, aber ich hab irgendwie nicht mehr so richtig Lust auf die ganze Sache...“ (Wie viel Bier hab ich eigentlich noch im Kühlschrank?)

Doppelfehler Elia
Ex 02 : Elia 00


Wir beschlossen, dass der Salat mehr gut gemeint als irgendwas anderes war, und dass wir für diese Art der Unterhaltung beide noch zu nüchtern waren. Eine Sache an der man zumindest arbeiten konnte. Das erste Bier löste sich praktisch binnen Sekunden in Luft auf. Ich betrachtete sie beim letzten Schluck durch den Boden meines Bierglases. Sie war wirklich dünner geworden. Sie war immer schon schlank, aber jetzt hatte sie etwas knochiges bekommen. Ihre Hände wirkten dadurch sehr groß und ihre Wangen schmal und leicht eingefallen. Aber durch das Bierglas hatte sie den gleichen Babyspeck wie die Kindfrau mit der ich damals zusammen war. „Hör auf damit! Du starrst einen immer noch genauso komisch an!“ sagte die Frau in meinem Bierglas. Ich ging zum Kühlschrank, zählte die Munition und nahm zwei neue Bier heraus. Ich reichte ihr die Flasche übers Netz und jeder ging wieder auf seine Seite des Platzes.


Aufschlag Ex

Ex: „Hihi, ich hatte übrigens auch kurz eine Beziehung mit einer Frau. Zwischen meinem jetzigen Freund und meinem Ex“ (Der war unhaltbar! Ich hatte nicht mal versucht ranzukommen... Punkt für sie.)

I: „Oh, echt. Und? Warum sind Männer dann doch besser?“ (Bloß weg von dem Thema Beziehungen!)

Ex: „Der Sex mit der Frau war mir einfach zu krass. Sie war mir im Bett einfach viel zu derb und brutal.“ (Zweiter Punkt für sie und ich hab jetzt Bier in der Nase. Konzentrier dich bitte mal!...)

Ex: „Und bei dir so? Was machen die Frauen in deinem Leben?“ (Oh nein! Das war's dann wohl...)

I: „Öh... Naja...Eigentlich nix. Also... Es gab da zwei – äh... kurze Affären...“ (Ok, lass es! Wenigstens hast du's versucht...)

Unangenehme Stille...
Ex 05 : Elia 00


Es blieb seltsam still. Die Balljungen rannten von zwei Seiten auf den Platz und räumten die
Salatteller ab. Ich trank mein Bier in einem großen Schluck aus. Sie lächelte mich etwas unsicher an. War das Mitleid? „Oh Gott, ich will hier weg“ flüsterte irgendjemand in meinem Kopf. Solidarisch exte sie auch. Ja, das war Mitleid. Ich ging zum Kühlschrank. Der Junge am Spielfeldrand reichte mir ein Handtuch. Ich gab ihr ihr Bier und setzte mich wieder. Schweigen im Publikum. „Los mach der Sache ein Ende“ dachte ich.


Aufschlag Ex

Ex: „Echt?... Gar nix?“ (Ich folge dem Ball mit dem Kopf, bleibe aber stehen)

I: „Ja. Gar nix.“

Sie ist fair und feiert wenigstens nicht, sondern geht nur still zu ihrem Trainer auf die Bank.

Ex 06 : Elia 00
Erster Satz: Ex


Mit Handtuch über dem Kopf saß ich auf meiner Bank und fragte mich, wie ich denn bitte auf diese scheiß Idee kommen konnte. Das wäre der Moment gewesen, in dem ich einen Herzinfarkt oder wenigstens eine Migräneattacke hätte vortäuschen sollen. Ich war zu frustriert um sinnvoll zu reagieren. Meine Ex kam zurück auf den Platz und setzte ihr Bier laut auf dem Tisch auf. Ich lächelte sie unter meinem Handtuch hindurch an. Die Spielleitung beschloss, das Match nach draussen zu verlegen und so setzten wir uns auf meinen Balkon und schwiegen in den roten Himmel über dem gelben LIDL-Schild.

Sie drückte ihre auffallend braungebrannten Füße gegen die Balkonwand und blickte dann an sich herab. Wir saßen in meinem alten Kinostuhl und unsere Arme berührten sich daher. Sie warf ihr Handtuch über einen der Blumenkästen und ich den Ball in die Luft.


Zweiter Satz – Aufschlag Elia

I: „Was denkst du?“

Ex: „Wie schaffst du es nur, sogar im Sommer so extrem blass zu sein?“

I: „... Ich...“(Ach, vergiss es...)
Ex 01: Elia 00

Langsam zeigte mein Lieblingsgetränk seine beruhigende Wirkung und ich fing an mich mit der Situation, in die ich mich selbst gebracht hatte, abzufinden. Das kleine, grummelige Goth-Kid in meinem Bauch fand natürlich sogar etwas dunkel angenehmes an dieser speziellen Mischung aus Schmerz, Nostalgie, Alkohol und Sonnenuntergang. Selbstmitleidiger, kleiner Wichser! Ich hingegen war noch nicht ganz so weit, um diesen Zustand genießen zu können. Aber das ließ sich ändern. Hoch die Tassen.

Als ich mein Bierglas wieder aus meinem Gesicht nahm, grinste mich meine Ex bereits mit ihrem ebenfalls leeren Glas in der Hand an. „Ich hol uns mal noch welche“ sagte sie und nahm mir meines ab. In der Balkontür blieb sie kurz stehen und sagte, mehr in das dunkle, leere Zimmer als zu mir „ich weiß, dass ich damals ziemlich scheiße war; aber ich hab's zehnfach zurückbekommen, falls dir das hilft“. Ich wollte antworten, aber konnte nicht. Sie ging und ich blieb mit einem dicken, trockenen Tennisball im Hals auf meinem Balkon zurück. Mein Magen zog sich zusammen und es fühlte sich an, als würde ich mich nochmal von ihr trennen. Ich sah sie durch mein Küchenfenster an meinen Kühlschrank gehen, und bemerkte, wie weit weg ich für sie inzwischen war und wie beängstigend nah sie immer noch für mich.
Für mich war sie nach wie vor einer der ganz wenigen Menschen, den man für die gleiche Sache lieben konnte, für die man sie auch hasst.

Sie kam zurück und die Sonne verschwand endgültig. „Ich bin schon ganz schön betrunken“ lachte sie. Ich war mir nicht sicher, ob mir diese Information helfen würde. „Sie mal“ sagte sie und zog ihr Kleid bis über die Hüfte hoch. Sie hatte einen riesigen blauen Fleck auf ihrem Oberschenkel. „Was hast du denn da gemacht?“ fragte ich. „Ich hab keine Ahnung“ antwortete sie „ich muss wohl gestern so betrunken gewesen sein, dass ich mich irgendwo gestoßen habe, ohne es zu merken“. Sie schien ziemlich viel zu trinken. Ganz so glatt und glücklich lief ihr Leben wohl doch nicht.

Sie erzählte mir zwei ziemlich eklige Ketamin-Geschichten. Die eine endete mit dem Verlust ihres Führerscheins und die andere mit einem selbstgestochenen Tattoo, das aussah als hätte sie eine Fliege auf ihrem Bein erschlagen. Der Linienrichter war sich unsicher, entschied aber auf 'Borderline' und wertete drei Punkte für mich. Ich schöpfte wieder Hoffnung. Doch Beziehungs-Tennis ist eine brutale Sportart, und meine liebe Ex hatte offensichtlich nicht vor, dieses Spiel zu verlieren. Wir saßen beide noch etwas verwirrt von dem vielen Ketamin nebeneinander und das Publikum wartete auf die Entscheidung. „Du hast“ sagte ich. „Was?“ fragte sie unsicher. „Na Aufschlag“ antwortete ich und dann vernichtete sie mit der gleichen trockenen Lässigkeit erst ihren letzten Schluck Bier und dann meinen kleinen Funken Hoffnung auf einen Sieg.

Sie drehte sich nicht einmal zu mir um, als sie mich fragte, was ich davon halten würde, dass ihr Freund so fixiert auf eine bestimmte sexuelle Praktik sei, sie aber eigentlich gar keinen Spaß daran habe. Vielleicht wollte sie aber auch einfach nur nicht mit ansehen, wie brutal und mit welcher Wucht mich ihr Schmetterball vom Platz und in die hinterste, dreckigste Ecke der Friend-Zone ballerte. Mein Schläger fiel zu Boden und blieb an der Stelle liegen, an der ich gerade noch gestanden hatte. Selbst im Publikum drehten sich einige angewidert ab und meinem Management wurde hinterher von Zuschauern berichtet, die sich übergeben mussten. Ich selbst war für über zwei Minuten bewusstlos und als ich wieder zu mir kam, mussten zwei Balljungen mich die Strecke bis zum Platz tragen. Am Spielfeldrand bestand ich darauf alleine zu gehen, aber ich will ehrlich sein: Ich betrat den Platz auf allen Vieren. Das Spiel war vorbei, ich hatte verloren und meine Ex war in die Küche gegangen. Ich zog mich gerade am Netz hoch, als sie zurückkam. „Wir haben nur noch ein Bier“ verkündete sie leicht panisch und fragte dann mit einem breiten Lächeln „wollen wir noch in deine Lieblingsbar gehen?“

Was ich mir dachte, als ich zu diesem Vorschlag ja sagte, weiß ich leider nicht mehr, wahrscheinlich war es die Hoffnung auf einen Vollrausch, der meine Erinnerung an diesen Abend löschen würde. Wir gingen zusammen zum nächsten Späti. Sie zahlte unser Wegbier. Mitleid vermute ich. Ich muss furchtbar ausgesehen haben. Wir kamen gegen 1:00Uhr in der Stammbar an und hinter dem Tresen begrüßte mich BAMBI. Wie absurd konnte es noch werden? Ich stand mit der einen Irren vor der anderen Irren und mein Hirn bettelte um Alkohol. Nachdem meine Ex sich auf dem Weg bereits über meine Hose lustig gemacht hatte, waren nun meine Schuhe dran. Mit war alles egal. Wir setzten uns in die dunkelste Ecke der Stammbar und der letzte Satz, den sie sagte, bevor sie anfing zu lallen war „ich bin wirklich froh, dass ich einen Freund habe, der mich im Bett unterwirft“.

„Ja, das ist wirklich fein für dich“ gratulierte ich ihr „ich glaube wir sollten mal ein bisschen an die frische Luft“. Selbst nach fünf Jahren erkannte ich noch sofort, wann sie ihre Grenze erreicht hatte und ich wollte keinen Systemausfall meiner Ex in meiner Stammbar riskieren. Wir nahmen unser Bier mit, setzten uns neben der Stammbar in eine Einfahrt, sie legte ihren Kopf auf meine Schulter, lallte etwas in mein Hemd und trat dann ihr Bier um. Da war sie also wieder. Genauso broken und verletzend wie damals. Nur dass ich in den letzten fünf Jahren all diese beschissenen Seiten an ihr vergessen hatte, wie man es eben mit Ex-Freundinnen oft macht. Sie kippte nach vorne und lag jetzt quer über meinem Schoß. Ihr Bier lief langsam in die Tiefgarage neben uns. „Ich glaube ich sollte jetzt nachhause gehen“ sagte sie leise zu meinem Knie. Ich streichelte ihr über den Kopf. Ich hatte vergessen, wie weich ihre Haare waren. „Ja, das ist eine gute Idee“ sagte ich.

Ich brachte sie bis zur U-Bahn. Kurz vor den Treppen sagte sie plötzlich etwas aufgebracht „weißt du was? Ich habe dich nie betrogen, solange wir zusammen waren“. Wir standen direkt am Abgang. Der warme U-Bahn-Wind blies von unten. „Was?“ sagte ich völlig überfordert von ihrer Ansage „hattest du mir nicht nach unserer Trennung gestanden, du hättest schon im ersten Jahr mit deinem Ex-Freund geschlafen?“. Sie ging die ersten Stufen gefährlich schnell hinunter, drehte sich nicht um und rief auf der Mitte der Treppe „Ja. Aber das war gelogen! Ich wollte nur deine Aufmerksamkeit!“. Die letzten drei Stufen nahm sie mit einem großen Sprung und verschwand dann um die Ecke. Ich stand mit meinem Bier in der Hand oben an der Treppe und sah völlig verständnislos auf den kleinen gelben Ball, der vor mir die Stufen hinunter sprang. Dann betrank ich mich furchtbar. Ich tanzte mit keiner Frau, knutschte mit niemandem rum, ging allein auf Toilette und genauso nachhause, aber der Film riss.



Finale


Am nächsten Morgen ging es mir denkbar scheiße. Mein Magen und mein Kopf fühlten sich an, als hätte ich gesoffen (komisch...), aber dazu kam ein fieser emotionaler Down wie bei einem Ecstasy-Kater. Auf dem Weg ins Bad fiel mein Blick auf einen kleinen Karton, der auf meinem Sofa lag. Verdammt! Sie hatte etwas hier vergessen! Kaum lag ich wieder in meinem Bett piepste auch schon die erklärende SMS. „Sorry, hab das Geburtstagsgeschenk für meinen Freund bei dir gelassen. Gib bescheid, wenn du ausgekatert hast, dann hol ich es ab!“ Ich wollte erst lachen, aber mein Kopf tat zu sehr weh. Ich schrieb ihr, sie solle am Nachmittag vorbei kommen.

Sie erschien in einem Outfit wie aus einem 80er-Jahre Aerobic-Video mit einem Shirt, durch das man ihre Nippel lächeln sehen konnte. Wir setzten uns in die Küche, tranken Tee und waren beide gleich wortkarg. Ich musste an Erich Kästner denken. ...und rührten in ihren Tassen...

Sie sagte, sie wollte noch eine Suppe essen gehen. Beim Türken gegenüber. Das war natürlich gemein von ihr. Wir hatten dort zwei Jahre lang die beste Linsensuppe der Welt geschlürft. Ich konnte nicht anders und sagte natürlich ich würde mitkommen. Dann saßen wir beim Türken und ich sah ihr dabei zu, wie sie Linsensuppe aß und es schnürte mir den Hals zu. Als wir gingen legte sie ihren Arm um mich und sagte seltsam laut und betont „Ach, Elia!“. Ich konnte sie nicht ansehen. Ich wollte nur noch in mein Bett. Vor meiner Haustür verabschiedeten wir uns. „Mach keinen Scheiß“ sagte ich. „Mach du mal ein bisschen mehr Scheiß“ sagte sie und lächelte wieder so komisch mitleidig; dann drehte sie sich um und ging.

Als ich in meiner Wohnung ankam war mir schlecht und ich fiel für 20 Minuten in ein tiefes Loch. Das Loch kam mir ziemlich bekannt vor. Ich konnte meinen Namen an den Wänden lesen, weil ich schon Wochen und Monate in diesem Loch verbracht hatte. Ich hätte nur nicht gedacht, dass ich nochmal wiederkommen würde. Als ich wieder herausgeklettert war, schrieb ich ihr von dem Loch. Sie schrieb zurück, dass es ihr leid täte, aber dass sie weiter müsse. Weg aus Berlin; zurück in ihr Leben. Und dann schrieb sie noch, dass das jetzt sicher voll eso-mäßig klingen würde, aber dass ich auch zurückkommen solle; in meinen Körper, da würde es mir bestimmt besser gehen. Danach war ich mir endgültig sicher, dass ich diese Geschichte so extrem in die Scheiße gesetzt hatte, dass es wohl in der Geschichte des Schlussmachens nie mehr jemandem gelingen würde so etwas noch mehr in die Scheiße zu setzen.



Inzwischen ist über ein Monat vergangen und ich habe reichlich darüber nachgedacht, was ich daraus gezogen habe und ob ich die Geschichte überhaupt aufschreiben will. Im Grunde genommen, gibt es nicht viel was man daraus lernen kann. Seine Ex-Freundin zu treffen ist wohl selten eine gute Idee. Seine Ex-Freundin zu treffen, während man selber Single und sie in einer glücklichen Beziehung ist, ist wohl immer eine sehr dumme Idee. Mit seiner Ex-Freundin eine ganze Nacht zu trinken, bis sie anfängt einem Dinge zu erzählen, die man nie wissen wollte ist mit Sicherheit die dümmste aller Ideen. Trotzdem gibt es Ex-Freundinnen, die einen unterbewusst lange verfolgen und mit denen man noch jahrelang eine Art Verbindung hat, selbst wenn diese nur einseitig existiert und man sich nie spricht oder sieht. Man hat so etwas wie einen Geist aus ihnen gemacht und der spukt dann in Träumen und Gedanken, bis man ihn austreibt. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass meine Ex für mich nach unserem Treffen ein ganzes Stück weiter weg gerutscht ist. Ich werde sie sicher nicht vergessen, aber darum geht es auch nicht. Wichtige Menschen vergessen wir niemals. Es geht aber darum, das Bild, den Geist, den ich aus ihr gemacht hatte los zu werden. Den komischen Traum einer Rosarot-Version von einem Menschen zu killen, den es so eigentlich schon damals nur in meinem Kopf gab. Und manchmal muss man dafür eben auch viel Scheiße fressen. Oder viel Bier trinken. Oder einen Tennisball verschlucken.



Elia

2 Kommentare:

  1. Hey Elia,

    einerseits wundere ich mich darüber, warum du dir sowas antust. Andererseits kann ich es aber auch verstehen. Nein, verstehen kann ich es eigentlich nicht. Aber nachvollziehen. Ich bin mir nichtmal sicher, ob es da irgendetwas zu verstehen gibt. Meine Ex wird auch immer bei mir rumspuken. Wir haben uns vor über zweieinhalb Jahren getrennt und ich hatte eine üüüüüüble Zeit danach. Trotz, dass unsere Trennung eher den Umständen geschuldet war, dass wir in zwei verschiedenen Städten lebten, war sie dennoch so extrem einschneidend, dass ich sie nie wieder sehen kann/will. Jeder unerwartete Kontakt, sei es zum Gebburtstag, oder sonst wann, hat mich in eben das von dir beschriebene Loch geschubst. Sie hatte gewonnen, jedoch allein dadurch, dass ihr die Trennung ein wenig leichter fiel, als mir.

    Grüße
    P

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  2. Es gibt Leute die machen die Hell-Week bei den US-Seals und es gibt Leute die den Ex-Partner treffen. Ich gehör(t)e zur 2. Sparte. Ehrlich gesagt habe ich das nur 1x gemacht. Die Hell-Week würde ich jetzt mit lächelndem Gesicht absolvieren.
    Wenigstens haben wir etwas gelernt

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